Andre M. Fechner

André M. Fechner – Geschäftsführer des Arbeitgeberverband Minden-Lübbecke und Fachanwalt für Arbeits- und Steuerrecht.

Als Personalchef eines Mindener Unternehmens hat André M. Fechner über 1.000 Vorstellungsgespräche geführt. Obwohl das mittlerweile sieben Jahre zurückliegt, ist er ein hochinteressanter Interviewpartner für mein „Endlich Montag! Podcast“. Als Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Minden-Lübbecke und zwei weiterer Verbände kennt Fechner die Arbeitgeberseite wie kaum ein Anderer. Außerdem ist der 45-jährige Fachanwalt für Arbeits- und Steuerrecht bundesweit als Vorwärtsdenker unterwegs und hält Vorträge zum Thema „Arbeitswelt der Zukunft„. Im Interview gibt der Vater von zwei Kindern einen Ausblick auf das, was Jobsucher in den kommenden 15 Jahren erwartet und verrät, worauf junge Menschen und auch über 50-jährige heute (schon) achten sollten.

 iTunes Logo

In seiner aktiven Zeit als „Leiter Personal und Recht“ und Ausbildungsleiter der RK Rose+Krieger GmbH führte André M. Fechner mehrere Jahre lang zwei bis drei Vorstellungsgespräche in der Woche. Immer im Team, zusammen mit dem späteren Fachvorgesetzten des zukünftigen Mitarbeiters: „Bei höherrangigen Stellen kamen noch der Geschäftsführer oder der Bereichsleiter dazu.“ Auf der anderen Seite des Schreibtisches hat er selbst genau ein einziges Mal in seinem Leben gesessen. Ab da fand der Mann, der den Bewerbungsablauf von der Stellenausschreibung über das Anschreiben und den Lebenslauf bis hin zum Einstellungsgespräch aus dem Effeff kennt, seine Jobs immer über Netzwerke. Er wurde von seinen Kontakten angesprochen. „Außerdem habe ich durch verschiedene Aktivitäten am Markt Aufmerksamkeit erzeugt“, berichtet Fechner. Auf den Radarschirm zukünftiger Arbeitgeber geriet er durch aktive Mitarbeit in Fachgremien und Austauschforen, durch verbindliches, nachhaltiges und auf win-win ausgerichtetes Net(t)working und durch Fachbeiträge in Foren und Fachzeitschriften.

Wenn Jobsucher den klassischen Weg wählen (also eine Bewerbung auf eine Stelle im offenen Arbeitsmarkt schicken), dann ist ein Standardanschreiben natürlich nicht das Mittel der Wahl. Die Nase vorn hat laut dem Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes, wer nach einer Vorabrecherche einen individuellen Aspekt in seine Bewerbung hineinbringen kann. Beispiele dafür nennt er im Podcast-Interview.

Unternehmen können sich das „hohe Ross“ nicht mehr leisten

Eine meiner Lieblingsfragen im Gespräch mit Personalentscheidern ist, wie viel Zeit sie sich pro Bewerbungsmappe nehmen. Darauf antwortet Fechner: „Eine Bewerbung sollte schnellstmöglich bearbeitet werden.“ Im gleichen Atemzug betont er, wie wichtig der wertschätzende Umgang mit Jobsuchern ist: „In Zeiten von Arbeitgeber-Bewertungsportalen können es sich Unternehmen, egal wie groß sie sind, nicht mehr leisten, auf dem hohen Ross zu sitzen.“ In Anbetracht des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels ist es laut dem 45-jährigen wichtig, die Klaviatur eines wertschätzenden und zuverlässigen Ablaufs im Bewerbungsverfahren zu beherrschen. Anforderungen werden nämlich an beide Seiten gestellt: Der Jobsucher sollte sich bei seiner Bewerbung Mühe geben, der zukünftige Arbeitgeber im Bewerbungsprozess. Sich als Unternehmen nach Erhalt von Unterlagen wochenlang nicht zu melden und den Jobsucher in der Luft hängen zu lassen, erzeugt ganz klar den Eindruck, dass es hinterher im Arbeitsverhältnis genauso unsortiert zugehen wird. „Die Ausstrahlung, die die Handhabung des Bewerbungsprozesses auf den Arbeitsmarkt hat, sollten Arbeitgeber nicht unterschätzen“, findet Fechner.

Erster Schritt bei offenen Stellen: Intern gucken!

Doch nicht jede Stelle landet automatisch und sofort im offenen Arbeitsmarkt: „Generell wird erstmal intern geguckt, ob es einen geeigneten Kandidaten gibt.“ Die ideale Neubesetzung ist ein Auszubildender, der seine Lehre gerade abgeschlossen hat und auf Spezialthemen weiterentwickelt werden kann. Denn dann entsteht durch das Nachrücken keine Lücke an einer anderen Stelle im Unternehmen. Manchmal hat eine Firma bis zur Neubesetzung einer Stelle noch Zeit, zum Beispiel weil jemand in den Ruhestand geht oder eine Kündigungsfrist einzuhalten ist. In einem solchen Fall kann sich der noch zur Verfügung stehende, ausscheidende Mitarbeiter, Zeitarbeiter angucken. Hat er bei jemandem den Eindruck, dass der ausgeliehene Kollege seinen Job in einem halben Jahr übernehmen könnte, dann überträgt er ihm nach und nach immer mehr Aufgaben.

Wertschätzend absagen

Hochinteressante Profile, die per Bewerbung rein kommen, sind laut André M. Fechner keine Seltenheit. Leider kommt es des Öfteren vor, dass sie – interessant wie sie sind – zu der aktuell ausgeschriebenen Stelle nicht passen. Gut beraten ist, wer jetzt wertschätzend absagt und sich gleichzeitig darum bemüht, den Kontakt zu halten. Ist der Bewerber damit einverstanden, dann kann das Unternehmen die Unterlagen genau wie Initiativbewerbungen zurücklegen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder darauf zurückgreifen. Wenn der Absender dann immer noch (oder wieder) auf der Suche ist, kommt die Zusammenarbeit vielleicht doch noch zustande.

Welche Schritte unternommen werden und wie viel Zeit ein Personalentscheider in die Suche investiert, kommt auf die Stelle an. Bei Rose+Krieger gab es auf einen Ausbildungsplatz zum Industriekaufmann oder eine Stelle als Sachbearbeiter im Einkauf schon mal 50 bis 60 Bewerbungen. Auf spezialisierte Positionen, wie beispielsweise einen Industriemechaniker mit CNC-Kenntnissen, meldete sich dagegen niemand: „Dann mussten wir eventuell lange suchen, improvisieren oder Mitarbeiter weiterbilden.“

Aus dem Gespräch mit dem Vorwärtsdenker nehme ich persönlich mit, dass Jobsuchern goldene Zeiten bevorstehen. Und das man jederzeit umschulen und was Neues machen kann. Ich nehme aber auch mit, dass das auf gar keinen Fall bedeutet, dass ich mich als Jobsucher zurücklehnen und mir die Traumjobs quasi auf dem Silbertablett servieren lassen kann. Ich muss mir Gedanken machen, was meine Stärken / Fähigkeiten sind. Ich brauche Klarheit, was meine Interessen sind und bilde mich im Idealfall genau darin lebenslang weiter. Zu guter Letzt muss ich mir dann die Stelle suchen, bei der genau das gebraucht wird. Am besten hören Sie selbst.

Und nicht vergessen: Als kleines Dankeschön für die kostenlosen Beiträge und Podcasts freue ich mich über Bewertungen bei iTunes. Und natürlich auch über nette Kommentare.

Falls Sie auf der Suche nach einem neuen Job sind (oder mal waren) und Fragen haben, die Sie gerne einem Personalchef oder Geschäftsführer stellen möchten, dann schreiben Sie sie einfach in das Kommentarfeld unter diesem Artikel. Ich nehme die Frage/n dann zum nächsten Interviewpartner mit.