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Marcus Harm – Inhaber von buntwäsche Textildruck + Stickerei.

„Komm rein und setz Dich. Willst Du was trinken?“ Genau so hätte das Gespräch mit Marcus Harm auch begonnen, wenn ich nicht wegen dem Podcast für diesen Beitrag, sondern als Bewerber zum Vorstellungsgespräch gekommen wäre. Der 31-jährige Inhaber von „buntwäsche Textildruck + Stickerei“ hat keine speziellen oder gar fiesen Fragen die er bei jeder Einstellung abklopft. Stattdessen steigt er über Getränk und Smalltalk locker ein und gibt dem Gespräch Raum, sich zu entwickeln. Für ihn zählt in erster Linie der Mensch und ob er ins Team passt. Alles andere findet sich, in einem Unternehmen, das auf Quereinsteiger angewiesen ist.

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Bewerbungsanschreiben sind meistens 0815

Als Harm sich Anfang 2011 mit buntwäsche selbstständig machte, hatte er eigentlich nicht vor, jemals Mitarbeiter einzustellen. Im echten Leben kam dann jedes Jahr (etwas mehr als) ein Neuer dazu. Heute sind es sieben an den beiden Standorten in Kirchlengern und Bünde. Eine Mitarbeiterin kam 2014 über eine Initiativbewerbung zu ihm. In der Regel quillt sein Briefkasten allerdings nicht vor lauter Bewerbungsmappen über. So 20 bis 25 Stück sind es pro Woche, wenn buntwäsche eine offene Stelle beim Arbeitsamt meldet. Marcus Harm hat so ein Gefühl, dass es vielleicht mehr wären, wenn er in der Ausschreibung nicht darauf hinweisen würde, dass die Bewerbung als PDF-Datei per eMail geschickt werden soll. Pro Bewerbung nimmt er sich so viel Zeit, „wie es halt dauert, den Lebenslauf zu lesen.“ Mit dem fängt er immer an, weil die Anschreiben meistens „08/15 gleichgeschaltet“ sind und er daraus nicht wirklich viel ziehen kann.

Der gebürtige Ost-Berliner wurde Ende der 90er-Jahre von seinen Eltern nach Ostwestfalen verschleppt (wie er mit einem zwinkernden Auge sagt), weil es für Mama und Papa hier die besseren Jobs gab. Er selbst hat in seinem Leben circa 30 Bewerbungen verschickt und war ungefähr zehn mal in der Rolle des Bewerbers im Vorstellungsgespräch. Nach der Realschule macht er eine Ausbildung zum Nutzfahrzeugmechaniker, die er um ein halbes Jahr verkürzte, um den Starttermin für die nächste Ausbildung nicht zu verpassen. Nach weiteren zweieinhalb Jahren hatte er den Abschluss als Industriekaufmann in der Tasche. Der Möbelzulieferer, bei dem er diese Ausbildbung gemacht hatte, stellte ihn anschließend fest ein und erklärte dem Kreiswehrersatzamt, dass dieser Mann unabkömmlich ist. Das ersparte Marcus Harm den Dienst bei der Bundeswehr. „Als Einkäufer habe ich sparen gelernt. Überhaupt war das eine sehr lehrreiche Zeit“, erinnert sich Harm. „Das war die beste Ausbildung, die ich für meine Selbständigkeit bekommen konnte“, fügt er hinzu. Als sehr nützlich erweist sich bis heute auch der erste Beruf, den er gelernt hat: Wenn an seinen Stickmaschinen mal was zu reparieren ist, dann kann er das meistens selber machen.

Marcus Harm war schon in Vereinen der Merchandising-Beauftrage

Quasi von selbst ergab sich auch das Geschäftsmodell von buntwäsche. In seiner Jugend war Harm in vielen Vereinen aktiv und meistens war er der „Merchandising-Beauftrage“, der die Tätigkeiten eines Einkäufers erledigte. Weil das so gut lief, begann er 2005 parallel zum seinem Job als Industriekaufmann mit einem Nebengewerbe. Offiziel gegründet hat er dann ein halbes Jahr nach dem Wechsel von dem Möbelzulieferer zu einem Unternehmen, bei dem er das Betriebsklima als sehr anstrengend empfand. Da wollte er nicht länger bleiben. buntwäsche startete mit einem breiten Angebot. Mittlerweile hat sich die Firma auf Textilveredelung mit ganz speziellen Druckarten und Stickerei spezialisiert: „Diese Nische zu finden, das kam mit der Zeit.

Nach dem Interview hat Marcus mich gefragt, ob er noch was zum Thema Flüchtlinge sagen dürfte. Ein Thema, das ihm am Herzen liegt. Na klar darf er! Erst recht, wenn der Flüchtling dann auch noch ein super Beispiel für einen gelungenen, beruflichen Quereinstieg ist. Ich wollte das eigentlich in das erste Interview einbauen, habe es dann aber doch gelassen. Das wäre nur Frickelei geworden und ich hätte mir meine 13-Minuten damit gesprengt. 😉 Deswegen gibt es für so einen feinen Kerl, wie den buntwäsche-Chef, hier noch mal drei Minuten Nachschlag:

Falls Sie auf der Suche nach einem neuen Job sind (oder mal waren) und Fragen haben, die Sie gerne einem Personalchef oder Geschäftsführer stellen möchten, dann schreiben Sie sie einfach in das Kommentarfeld unter diesem Artikel. Ich nehme die Frage/n dann zum nächsten Interviewpartner mit.