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Marcus Heinen – Leiter Personalmanagement bei der Volksbank Bad Oeynhausen-Herford eG

Mit Marcus Heinen, dem Leiter Personalmanagement der Volksbank Bad Oeynhausen-Herford hätte ich mich den ganzen Tag lang unterhalten können. Mehr als 1.000 Einstellungsinterviews hat er in seinem Berufsleben schon geführt. Da kommt einiges an spannendem Gesprächsstoff zusammen. Ein alter Personaler-Spruch hat sich bei diesem Gespräch fest in meinem Kopf verankert: Wir stellen die Leute für Ihre Fähigkeiten ein und schmeißen sie wegen ihrer Persönlichkeit wieder raus.

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„Fehlende Fähigkeiten kann sich ein Mitarbeiter aneignen“, findet der 46-jährige, der seit vier Jahren bei der Volksbank arbeitet und in eigener Sache etwa 20 bis 30 Bewerbungen verschickt hat. Arbeitgeber können den Neuen dabei auf vielfältige Weise unterstützen, zum Beispiel mit der Einarbeitung durch Kollegen, durch Weiterbildungsseminare oder ganz einfach mit einem Fachbuch: „Aber die Persönlichkeit, die können wir nicht ändern.“ Sie ist ein entscheidender Faktor, der zuweilen schwer einzuschätzen ist, weil die Leute laut dem Personalchef im Vorstellungsgespräch nicht gerne darüber reden.

Mit beim Coaching auswendig Gelerntem kommt man nicht weit

„Im Interview geht es meistens um drei Themen: Das Umfeld, den Job und um den Bewerber persönlich“, erklärt Heinen und zeichnet dabei drei Kreise auf ein Blatt Papier. Im Zentrum steht das Persönliche, im mittleren Kreis der Job, dann kommt das Umfeld. Das Gespräch ist so aufgebaut, dass sich der Interviewer wie durch einen Trichter über die leichter anzusprechenden Themen von außen langsam in das Zentrum das Kreismodells vorarbeitet. Der Persönlichkeitsfaktor wird dann gründlich untersucht: „Eine Einstellung ist eine Investition für das Unternehmen. Ich will gut investieren und auch so, dass jemand zwei bis drei Jahre bleibt.“ Als Jobcoach habe ich in Gesprächen mit Unternehmern oft gehört, dass es sehr schwer ist, sein Gegenüber einzuschätzen. Leichter ist es, herauszuhören, welcher Coach ihn auf das Gespräch vorbereitet hat. Ähnliche Erfahrungen machte auch Marcus Heinen: „Man erkennt schon, ob jemand ein gutes Training genossen hat. Das Gespräch wird aber so geführt, dass man mit auswendig Gelerntem nicht weit kommt.“

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Trichter-Technik: Über die entspannteren Themen, führt das Einstellungsgespräch zum entscheidenden Persönlichkeitsfaktor.

Bei der Volksbank sind es in der Regel zwei Vertreter des Unternehmens, die mit einem Bewerber sprechen. Außer dem Personalchef ist auch noch der spätere Vorgesetzte des potentiellen Mitarbeiters dabei. Die beiden entscheiden gleichberechtigt. „Wobei ich auch mit einer Aufteilung von 49 zu 51 Prozent einverstanden bin. Ich bin ja nicht derjenige, der später direkt mit dem neuen Mitarbeiter zusammenarbeiten wird“, ergänzt Marcus Heinen. In der Praxis wäre das allerdings was Neues: „Uneinigkeit, wen wir einstellen, gab es noch nie.“

Die Volksbank Bad Oeynhausen-Herford legt laut dem Personalleiter großen Wert auf einen wertschätzenden Umgang mit den Bewerbern. Deswegen gibt es unter anderem klare Vorgaben, dass der Eingang einer Bewerbung (die ausschließlich in digitaler Form akzeptiert wird) spätestens innerhalb von drei Tagen bestätigt wird. Innerhalb von 14 Tagen wird entschieden ob man nicht zusammen passt oder ob der Jobsucher zu einem Gespräch – und damit zum persönlichen Kennenlernen – eingeladen wird. Weil von der Ausschreibung der Stelle bis zur Unterschrift unter dem Vertrag maximal sechs Wochen vergehen sollten, kommt es vor, dass Marcus Heinen vier Vorstellungsgespräche an einem Tag führt: „Danach bin ich ganz schön geschafft.“ Trotzdem: Entschieden wird noch vor Feierabend. Der Bewerber, der das Rennen gemacht hat, wird dann sofort informiert. Lässt man einen Jobsucher nicht vielleicht auch mal ein bisschen schmoren, um eine bessere Verhandlungsposition zu erzielen? „Das können sie sich in einem seriösen Bewerbungsverfahren nicht erlauben“, gibt der Personalentscheider als klare Antwort.

Arbeitgeber bewerben sich bei den Arbeitnehmern

In dem meisten Fällen ist der Kandidat ohnehin schon bekannt: „60 Prozent der Stellen besetzen wir intern.“ Das bietet dem Arbeitgeber gleich vier große Vorteile: 1. Der Neue verfügt bereits über ein Netzwerk, 2. er kennt das Unternehmen, 3. er kennt die handelnden Personen und 4. er kennt auch die Abläufe im Unternehmen, die man nicht aufschreiben kann. Eine interne Besetzung kürzt auch den schriftlichen Teil der Bewerbung enorm ab. Ein Zweizeiler, der aussagt, dass jemand Interesse an der Stelle hat, reicht aus. Mit internen Bewerbern wird immer ein persönliches Gespräch geführt, das dann so verläuft wie bei den Externen auch.

„Der gesamte Prozess muss von der hohen Wertschätzung dem Kandidaten gegenüber geprägt sein und unsere Unternehmenskultur rüber bringen“, findet Marcus Heinen. Der Stil der 60er und 70er Jahre, in denen der Arbeitgeber der mit der dicken Zigarre war, dreht sich. Heute muss man sich viel mehr die Frage stellen: Wer ist Arbeitgeber? Also: Wer gibt Arbeit?! Mit dem Fachkräftemangel geht der Trend dahin, dass sich die Arbeitgeber bei den Arbeitnehmern bewerben.

Zum Schluss noch ein paar Fakten zur Volksbank:

  • Pro Jahr gehen 150 – 500 Bewerbungen ein.
  • Dazu kommen 120 Bewerbungen für Praktikumsplätze.
  • Plus weitere 150 Bewerbungen für Ausbildungsplätze.
  • Nach 2 Minuten entscheidet Marcus Heinen, ob ihn eine Bewerbung, die er sieht, interessiert oder nicht.
  • Aus 10 Bewerbungen ergeben sich in der Regel 4 Gespräche.
  • 4 Gespräche braucht es normalerweise, um 1 Stelle zu besetzen.
  • Wie viele Bewerbungen eingehen, hängt stark von der ausgeschriebenen Stelle ab:
    Auf einen Job im Marketing kommen schon mal 120 Bewerbungen, gegenüber 3 auf einen in der Firmenkundenbetreuung. Auf 1 Ausbildungsplatz kommen 17 Bewerber.

Vom Personaler bekam ich noch einen Tipp für ein anderes Podcast und einen Buchtipp:

Falls Sie auf der Suche nach einem neuen Job sind (oder mal waren) und Fragen haben, die Sie gerne einem Personalchef oder Geschäftsführer stellen möchten, dann schreiben Sie sie einfach in das Kommentarfeld unter diesem Artikel. Ich nehme die Frage/n dann zum nächsten Interviewpartner mit.