Tobias Busche

Tobias Busche – Leiter Employer Branding bei der Busche Personalmanagement GmbH

„Warum sollte sich ein guter Bewerber drei Stunden Zeit nehmen, um die perfekten Bewerbungsunterlagen zu erstellen? Das ist für den doch eine unheimliche Verschwendung von Ressourcen, wenn er gar nicht weiß, ob das Unternehmen auch nur ansatzweise Interesse an ihm hat. Oder etwa nicht?“ Mit dieser Frage bin ich in das Interview mit Tobias Busche von der Busche Personalmanagement GmbH aus Bielefeld eingestiegen. Ich wollte gleich mal zur Sache kommen. Der 27-jährige Leiter des Employer Brandings, bei dessen Unternehmen circa 350 Bewerbungen pro Monat eingehen, fand diese Frage im Vorgespräch schon gut. Er antwortete, dass das heute ja alles gar nicht mehr so wild sei, weil Bewerber bei der aktuellen Lage am Arbeitsmarkt in einer komfortablen Situation sind, aus der heraus sie meistens gute Stellen finden. Mein Pulver hatte ich mit dieser Frage noch nicht verschossen. Deswegen ist diese Podcast-Episode auf jeden Fall keine Zeitverschwendung. 😉

Eine Stunde pro Bewerbung

Eine Stunde pro Bewerbung reicht aus, findet Tobias Busche. In der Zeit kann ein Bewerber seine Schwerpunkte und Spezialitäten in den Vordergrund stellen. Und natürlich das Anschreiben an das jeweilige Unternehmen anpassen. Dazu empfiehlt sich eine Recherche über drei Kanäle: Die Stellenanzeige, die Webseite und die Social-Media-Profile des potentiellen Arbeitgebers. Wenn ich diese Rechnung zugrunde lege, dann hat Tobias Busche 15 Stunden seines Lebens in das Erstellen von Bewerbungsunterlagen investiert und damit fünf Jobs bekommen. Wovon er zwei Jobs ganz ohne Bewerbung bekam. Einen davon im Familienunternehmen, wo er jetzt arbeitet. Auch wenn ich bei meiner Art der Jobsuche auf schriftliche Bewerbungen verzichte, finde ich, dass eine Stunde sehr knapp bemessen ist. Jetzt muss man bei Busche allerdings dazu sagen, dass das keine Erbsenzähler sind. Da fliegt man wegen ein paar Rechtschreib- oder Formfehlern nicht sofort raus. Die Einstellung dem Jobsucher gegenüber ist wohlwollend. Laut dem Leiter Employer Branding kommt es sogar häufig vor, dass Leute eingestellt werden, die anhand der Unterlagen eigentlich eine komplette Absage sind. Was daran liegen mag, dass es sich bei diesem Unternehmen um einen Personalvermittler und ein Zeitarbeitsunternehmen handelt. Mein Eindruck ist, dass Zeitarbeitsunternehmen in Sachen Bewerbungsunterlagen Kummer gewohnt sind. 😉

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Wichtigstes Kriterium lässt sich schwer vermitteln

Spannend wurde es auch beim Thema Stellenanzeige. Tobias Busche findet dass der Sinn der Anzeige darin liegt, dass der Bewerber sieht, ob das Unternehmen zu ihm passt, oder nicht. Um dieses hehre Ziel zu erreichen, muss ich mir als Ausschreibender vermutlich sehr viele Gedanken dazu machen. Ich wollte wissen, ob das in der Praxis der Fall ist. Laut dem 27-jährigen kommt das natürlich auf das jeweilige Unternehmen an. Grundsätzlich geht er aber davon aus, dass auf Arbeitgeberseite gründlich gearbeitet und Zeit investiert wird. Und das obwohl es bei der Stellenanzeige einen großen Nachteil gibt: Die persönlichen Eindrücke und Softskills des Unternehmens, die der wichtigste Faktor bei der Einstellung sind, lassen sich darin schwer vermitteln. Die Arbeitgeber haben also das gleiche Problem wie die Bewerber, die ihre Persönlichkeit auf Papier (oder elektronisch) auch nicht rüber bringen können.

Schlechte Unterlagen ausbügeln

Wo wir gerade beim „rüber bringen“ sind: Aus den Unterlagen erstellt der Personalvermittler nach gewissen Normen ein Bewerberprofil für seinen Kunden. Dadurch bekommt der einen schnellen Blick auf die wichtigsten Informationen zum potentiellen Mitarbeiter. Gleichzeitig werden damit schlechte Bewerbungsunterlagen wieder ausgebügelt, weil der Kunde nur das Profil bekommt. „Wenn es menschlich passt und der Bewerber gerne arbeiten möchte, dann ist das für uns mehr wert, als ein Lebenslauf, der dann irgendwann hier rumliegt“, findet Tobias Busche. Zusätzlich zum schnellen Informationsüberblick weiß sein Kunde also, dass Busche den Bewerber im persönlichen Gespräch für gut befunden hat.

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Ist Unterlagengläubigkeit noch zeitgemäß?

Die persönliche Passung schlägt damit – wie in allen anderen Interviews auch – mal wieder das Fachliche. Dass ich die Chance bekomme, persönlich zu punkten, scheitert meiner Meinung nach in der Praxis oft an der Unterlagengläubigkeit der Deutschen. Ich wollte wissen, ob das überhaupt noch zeitgemäß ist. Zum Beispiel digitales Wissen hat eine Halbwertzeit von anderthalb bis zwei Jahren. Wenn am Ende einer Weiterbildung das Zertifikat ausgedruckt wird, ist die Hälfte des erlernten Wissens nicht mehr aktuell. Außerdem werden immer weniger Menschen bis zur Rente ihren erlernten Beruf ausüben. Ohne gelegentlichen Quereinstieg wird es meiner Meinung nach schwierig, zukünftig durchzukommen. Tobias Busche räumt ein, dass es für einen Personaldienstleister schwierig ist, Können ohne Zertifikate zu validieren. Er sieht aber die aktuellen Entwicklungen in unserer Gesellschaft und ist dafür offen, im Rahmen einer Probezeit zu gucken, ob das (nicht zertifizierte) Können vorhanden ist. Davon abgesehen kann ein Quereinsteiger ein zwingend erforderliches Zertifikat, wie zum Beispiel einen Stapler-Führerschein, ja auch beim Arbeitgeber erwerben. Zumindest wenn der Staplerfahrer nicht gleich ab Morgen die Paletten durchs Lager fahren muss, weil sein Vorgänger plötzlich und unerwartet ausgefallen ist. Anmerkung von mir: Oder weil das Unternehmen sich nicht rechtzeitig drum gekümmert hat. 😉

Zu rational gedacht

Wenn so viel Zeit in die Bewerbungsprozesse gesteckt wird, warum sind dann laut Gallup-Studie die allermeisten Menschen unzufrieden mit ihrem Job? Tobias Busche meint, dass Firmen sich im Bewerbungsprozess oft zu viel Zeit für Prozesse nehmen, die sie lieber verschlanken sollten. Und zu wenig, für die wirklich wichtigen Sachen: „Das Persönliche und das Teamfeeling müssen mehr passen, als das Fachliche.“ Das muss laut dem 27-jährigen im Bewerbungsprozess mehr abgeklopft werden. Das persönliche Gespräch gehört in den Vordergrund. Davon auszugehen, dass eine Bewerbung ausreichende Informationen über das Teammatching liefert, ist laut dem Personalvermittler zu rational gedacht. Wer so vorgeht, der hat bei der Einstellung vermutlich kein gutes Händchen.

Nach Schwächen fragt Tobias Busche im Vorstellungsgespräch übrigens nicht. Damit wird er einen guten Bewerber, der in kurzer Zeit ansprechende Bewerbungsunterlagen erstellt hat, vermutlich ohnehin nicht aus dem Konzept bringen. 😉

Danke Bernd und Henrik!

Zum Schluss möchte ich mich noch mal bei dem Geschäftsführercoach Bernd Geropp und dem Recruitingcoach Henrik Zaborowski bedanken. Bernd hat (genau wie ich) einen Podcast in zwei Teilen mit Henrik aufgenommen, aus dem ich für diese Jobsucher-Podcast Episode einige Fragen übernommen habe. Ein paar davon werde ich auch meinen folgenden Interviewpartner stellen. Ich war weder zu faul, noch zu unkreativ, um mir eigene Fragen zu überlegen. Diese beiden Episoden fand ich aber so klasse, dass ich ein paar Punkte daraus einfach mal in eigenen Gesprächen überprüfen wollte. Am besten hörst Du selbst mal rein.

Hier geht es zu meinen Podcast-Episoden mit Bernd und Henrik:

Jetzt wünsche ich Dir viel Spaß beim hören und: Die iTunes-Bewertung bitte nicht vergessen. Herzlichen Dank!

Inhaltsübersicht:

  • Leiter Employer Branding:
    Tobias Busche stellt sich und das Unternehmen vor.
  • Ressourcenverschwendung?!
    So viel Zeit braucht eine Bewerbung.
  • Passt es oder nicht?
    Über den Sinn von Stellenanzeigen.
  • Geht nicht gibt’s doch:
    Softskills in der Stellenanzeige.
  • Lügen haben kurze Beine:
    Vorsicht vor „Social Media Natives“!
  • Massig Zeit beim Personalvermittler:
    15 bis 20 Minuten pro Bewerbung.
  • Über zugedrückte Augen:
    Wohlwollen im Bewerbungsprozess.
  • Lieber nicht nachfragen:
    Die grottenschlechte Bewerbung.
  • Bewerbung mal ganz anders:
    Absage geschickt.
  • Kommt häufig vor:
    Einstellung trotz schlechter Unterlagen.
  • Dienstleistung für den Kunden:
    Genormtes Bewerberprofil erstellen.
  • Ist (eigentlich) nicht mehr zeitgemäß:
    Unterlagengläubigkeit in Deutschland.
  • Bewerberauswahl nach Fleiß und Ergebenheit:
    Bringt das die Unternehmen weiter?
  • Das einzig Beständige ist der Wechsel:
    Zeitarbeit braucht flexible Mitarbeiter.
  • Abgelöst vom Roboter?
    Software und Filter in der Personalauswahl.
  • Landeier mögen’s klein:
    In Ostwestfalen führt der Mittelstand.
  • Mit Bauchschmerzen zur Arbeit:
    Höchste Zeit zum Wechseln.
  • Gallup-Studie:
    Zeit nehmen für die richtigen Sachen.
  • Zu rational gedacht:
    Die Bewerbung und das Teammatching.
  • Bringt nichts:
    Die Frage nach den Schwächen.

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